Ein Gesetzesvorschlag, der eine Zusammenarbeit zwischen Banken und Cannabisindustrie ermöglichen soll, bahnt sich seinen Weg im US-Kongress

  • Mit der fortschreitenden Legalisierung in den USA gibt es allmählich mehr Banken, die Konten für Cannabis-Firmen einrichten, doch viele lehnen dies aus Angst, die Bundesgesetze zu brechen, nach wie vor ab.
  • Vielen Marihuana-Produzenten und -Verkäufer sahen sich deshalb gezwungen, nur mit Bargeld zu arbeiten, was sie zur Zielscheibe für Diebe macht.
  • Eben dieses Problem ist Gegenstand eines neuen Bankengesetzes, über das diesen Sommer im Repräsentantenhaus abgestimmt werden soll.

Es mag verrückt klingen, ist für die Marihuana-Industrie der USA aber leider traurige Realität: Stellt euch vor, ihr führt ein legales, vom Staat, in dem ihr lebt, zugelassenes Unternehmen und macht Millionenumsätze … ohne sie auf ein Konto einzahlen zu können.

Denkt nun daran, wie ihr Rechnungen, Gehälter oder Steuern zahlt … Statt eine Überweisung zu betätigen oder einen Scheck auszustellen, müsst ihr das Geld jedes Mal von Hand und in bar überreichen. Das ist ziemlicher Unsinn und eigentlich kaum tragbar, doch aufgrund der strengen Bundesgesetze gehen tatsächlich nur ganz wenige Banken in den USA das Risiko ein, Geschäfte mit einer Marihuana-Firma zu machen. Für die Cannabisindustrie ist das natürlich ein Riesenproblem.

Von den beinahe 5000 bei der FDIC – der Institution, die die Kunden vor dem Vermögensverlust im Fall eines Bankrotts der Bank schützt – versicherten Banken bieten nur 400, d. h. 8 %, ihre Dienste auch für die Marihuana-Industrie an. Ohne den Zugang zu Banken oder anderen Finanzinstitutionen aber kann keine Firma auf sichere, transparente und effektive Weise Geschäfte abwickeln.

Zahlreiche Stimmen haben sich bereits dafür ausgesprochen, dass der Kongress die Bundesgesetze ändert, damit die Unternehmen, die die Konditionen des Staats erfüllen, ähnlich arbeiten können wie andere legale Konzerne. Da mittlerweile die meisten US-Staaten Marihuana für medizinische Zwecke und/oder als Genussmittel zumindest in irgendeiner Form zulassen, steht das Land diesbezüglich vor einem Wendepunkt. Der Kongress muss handeln, und allem Anschein nach gibt es auch Schritte in diese Richtung!

Ein Risiko, das sich lohnt

Die Zusammenarbeit mit Banken ist für viele Firmen deshalb so problematisch, weil Marihuana auf Bundesebene nach wie vor eine illegale Substanz ist. Zudem ist es, obwohl sich dies bald ändern könnte, bei der DEA nach wie vor in Tabelle 1 der kontrollierten Stoffe aufgeführt und damit als hochgradig suchtgefährdende Droge ohne medizinischen Wert eingestuft – auf einer Ebene mit Heroin oder LSD. Dies ist nicht nur schlicht lächerlich, sondern widerspricht auch allem, was man mittlerweile über Marihuana weiß.

Trotz der Belastung durch die Bundesgesetzgebung blüht das „grüne Geschäft". Die Marihuana-Industrie gehört sogar zu den am schnellsten wachsenden Branchen in den USA. Und ein derart schwindelerregendes Wachstum bedeutet natürlich eine ganze Menge Bargeld für die Firmen.

Normale Unternehmen zahlen dieses Bargeld direkt auf ihr Konto ein; für Marihuana-Firmen ist dies jedoch, wie gesagt, nicht ganz so einfach. Es gibt viele Geschichten über Konzerne in Colorado, die in ihren Anlagen Millionen von Dollar bar in großen Tresoren aufbewahren und diese 24 h lang von bewaffneten Sicherheitskräften bewachen lassen sollen.

Die wenigen Banken, die bereit sind, die mit Marihuana-Betrieben einhergehenden Risiken auf sich zu nehmen, lassen sich dies teuer bezahlen. Eine Bank aus Massachusetts beispielsweise verlangt nur für die Eröffnung eines Kontos im Voraus mehrere Tausend Dollar Kommission, und obendrein noch einen monatlichen „Bearbeitungstarif" in der Höhe von 5000 Dollar.

Nur 8 % der US-Banken bieten Dienste für die Marihuana-Industrie an.

Das ist ein ziemlich hoher Preis für die bloße Einrichtung eines Bankkontos, häufig aber die einzige Option für die legalen Marihuana-Betriebe. Doch Banken, die mit Risiko-Kunden arbeiten, haben nun einmal derart hohe Tarife, und zum Teil ist dies auch gerechtfertigt angesichts der unzähligen Auflagen, die die Banken dafür erfüllen müssen.

In den meisten Fällen handelt es sich tatsächlich sogar um kleinere Banken. Anders, als man vielleicht erwarten würde, sind regionale Banken häufig eher dazu bereit, dieses Risiko einzugehen, als große Banken, von denen viele aus Angst vor den Geldwäsche- oder Drogen-Bundesgesetzen zurückschrecken.

Letzten September etwa gab die US Bank bekannt, künftig nicht mehr die Wertpapiere des Investmentfonds ETFMG Alternative Harvest zu verwalten, einem Aktienfond, der – als einziger seiner Art in den USA – auch an der Börse notiert ist. Der Fond ist noch nicht einmal eineinhalb Jahre alt und hat bereits Umsätze von mehr als 1,2 Milliarden Dollar verzeichnet.

Die Entscheidung der US Bank ist verblüffen und zeigt, dass die Wall Street immer noch eine konservative Haltung gegenüber der aufstrebenden Industrie hat. Angeblich sollen jedoch bereits Großkonzerne wie JPMorgan, Bank of America, PNC Bank, TD Bank und KeyCorp Druck auf die amerikanischen Politiker ausüben, um Gesetzesfortschritte zu erreichen, durch die sie ebenfalls ins Geschäft einsteigen können.

Der Wandel steht vor der Tür

Und es scheint auch tatsächlich ein Licht am Ende des Tunnels zu geben: Im US-Kongress wird gerade ein Gesetzesvorschlag bearbeitet, der den Banken, die mit Marihuana-Betrieben zu arbeiten bereit sind, Schutz bieten soll. Am 28. März hat der zuständige Ausschuss, das Committee on Financial Services, mit 45-15 Stimmen dafür gestimmt, den Secure And Fair Enforcement Banking Act of 2019 (kurz: SAFE) dem Repräsentantenhaus vorzulegen. Zudem soll der Senat auch einen ergänzenden Gesetzesvorschlag untersuchen, durch den die Finanzinstitute nicht mehr von den Aufsichtsbehörden des Bundes bestraft werden können, nur weil sie mit Marihuana-Firmen zusammenarbeiten, die nach staatlichen oder lokalen Gesetzen eigentlich legal sind.

Regionale Banken sind häufig eher dazu bereit, das Risiko einzugehen, als große Banken, die aus Angst vor den Geldwäsche-Bundesgesetzen zurückschrecken.

Es gibt zwar noch kein konkretes Datum für die Abstimmung, doch die Befürworter hoffen, dass die Annahme des Bankengesetzes ein Zeichen dafür ist, dass die Demokraten bereit sind, noch in diesem Jahr mit umfassenden Reformen zum Thema Marihuana zu beginnen. Die wichtigsten Präsidentenkandidaten fürs Jahr 2020 treten sogar alle für die absolute Legalisierung ein, genau wie nach Umfragen auch der größte Teil der Wähler.

Es sind bahnbrechende Neuigkeiten sowohl für den Bankensektor als auch die Marihuana-Industrie. Die eigentliche Frage ist jedoch nicht, wie das Ganze über die Bühne geht, sondern wann. Der Vorsitzende des Committee on Rules des Repräsentantenhauses, James McGovern, hat in einem Radiointerview sogar angegeben, er rechne damit, dass noch in den nächsten Wochen über den Gesetzesvorschlag, das Marihuanaverbot auf Bundesebene aufzuheben, abgestimmt werden soll, obwohl mittlerweile alles darauf hindeutet, dass die Abstimmung Mitte August stattfindet. Wenn das Gesetz jedoch 2019 nicht mehr verabschiedet wird, so wird es angesichts der bevorstehenden Wahlen schwer, dass es 2020 in Kraft tritt.

Der leichtere Zugang zu den Banken für die Marihuana-Firmen wird beiden Seiten viele Türen öffnen. Die Marihuana-Firmen werden an den wichtigsten amerikanischen Wertbörsen handeln können, während sie bislang meistens an den außerbörslichen Handel gebunden sind (OTC). Außerdem wird das Risiko für Verbrechen, Diebstahl oder Überfälle reduziert und den Kartellen der Geldhahn abgedreht. Und das Allerwichtigste ist, dass die Unterstützung der Banken den entscheidenden Schritt dafür darstellen könnte, die Cannabis-Legalisierung auf Bundesebene endgültig durchzusetzen.

30/04/2019

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