Pflanze des Monats: „Hexenkraut“ Tollkirsche

  • Die Schwarze Tollkirsche ist eine der giftigsten Arten des gesamten Pflanzenreichs und wurde seit Urzeiten vom Menschen für medizinische oder ästhetische Zwecke eingesetzt. Doch auch die eine oder andere offene Rechnung wurde durch sie beglichen.
  • Dank ihrer medizinischen Eigenschaften wurde die facettenreiche Pflanze vom Alten Ägypten bis ins Mittelalter hinein zur Behandlung verschiedener Krankheiten verwendet.
  • Dabei war jedoch strengstens auf die Dosierung zu achten, da eine falsche Menge schnell zu schwerwiegenden Nebenwirkungen und/oder gar dem Tod führen kann.

Was ist die Tollkirsche?

Die Schwarze Tollkirsche (Atropa Belladonna) oder Belladonna ist eine ausdauernde, krautige Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae), die in Europa, Nordafrika und Westasien vorkommt. Sie wird bis zu 1,5 m hoch und liebt schattige Orte. Ihre Blüten sind violett und glockenförmig, ihre bitter schmeckenden, ungefähr kirschgroßen Beeren rund und glänzend schwarz und ihre Blätter dunkelgrün, lang sowie oval zulaufend. Die Wurzeln und Blüten der Tollkirsche werden zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet. Die geheimnisvolle Pflanze, die im Englischen auch als Deadly Nightshade („Tödlicher Nachtschatten") bekannt ist, blüht von Frühling bis Sommer.

Warum ist ihre Wirkung so stark?

Die Tollkirsche produziert mehrere Alkaloide, von denen die meisten hochgradig giftig, in geringer Dosierung aber auch medizinisch einsetzbar sind. Es handelt sich dabei vor allem um Atropin, aber auch gewisse Mengen an Scopolamin. Eine Vergiftung durch die Pflanze verursacht einen trockenen Mund, verschwommene Sicht, Halluzinationen und sogar einen Kreislaufkollaps, gefolgt von Atemversagen. Die oben genannten Alkaloide haben dabei jeweils folgende Effekte:

  • Atropin macht den Mund trocken, hemmt die Aktivität der Schweißdrüsen und führt in giftiger Dosierung zu Herzrasen, Orientierungsverlust, Rauschzustand und Halluzinationen.
  • Scopolamin hemmt das zentrale Nervensystem, weitet die Pupillen, bringt die Blutgefäße zur Kontraktion und reduziert die Bildung von Speichel sowie Magensäften. In zu großen Mengen führt es zu Rauschzuständen, Koma, Herzrasen, Atemnot, Herz-Kreislauf-Kollaps oder gar dem Tod.

Welche medizinischen Anwendungen hat sie?

Eine der bewährtesten und wichtigsten therapeutischen Anwendungen von Tollkirsche ist ihre Nutzung als Betäubungsmittel. Da die Pflanze wie gesagt hochgradig giftig ist, darf sie dabei nur unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden. Ihre schmerzlindernden, beruhigenden, asthma- und krampflösenden Eigenschaften kamen in der Medizin unter anderem auf folgende Weise zum Einsatz:

  • als Antikonvulsivum
  • als säurereduzierendes Mittel
  • als Anti-Asthma-Medikament
  • als Linderung von Beschwerden infolge der Menopause
  • als Schmerzmittel (besonders bei Regelbeschwerden)
  • zur Behandlung von Gicht oder Hyperurikämie
  • zur Behandlung von Sodbennen
  • als Betäubungsmittel
  • als Muskelelaxans

Wichtig: Während der Schwangerschaft oder dem Stillen wird von der Verwendung von Medikamenten auf Tollkirschen-Basis abgeraten.

„Hexenkraut" Belladonna: Mythen und Legenden

Eine Aura von tragischer Romantik und Geheimnis umgibt diese Pflanze, denn aufgrund ihrer starken Giftwirkung und anderer besonderer Eigenschaften kam sie im Laufe der Geschichte in z. T. tragischem, z. T. mystischem Kontext zum Einsatz.

So heißt es etwa, Cleopatra habe überlegt, Tollkirsche für ihren Selbstmord zu verwenden, es sich jedoch anders überlegt, nachdem sie einen Sklaven gezwungen hatte, das Gift zu nehmen, und dieser erst nach langem Todeskampf verstorben war.

Der Name „Belladonna" wiederum geht auf den Gebrauch zurück, den die römischen Frauen in der Antike von der Pflanze machten: Sie tropften sich den Saft der Beeren in die Augen, damit ihre Pupillen sich weiteten und ihre Augen denen von Gazellen glichen, was damals ein Schönheitsideal war. Das Sprichwort „Wer schön sein will, muss leiden" hat vermutlich niemals besser gepasst, schließlich blieb dabei gerne mal die ein oder andere, die es mit der Dosierung zu gut gemeint hatte, auf der Strecke.

Die Tollkirsche soll weiterhin auch für den Mythos der auf Besen fliegenden Hexe verantwortlich sein: die Pflanze war eine der Hauptzutaten ihrer Arzneitränke und Salben. Da es damals noch keine genaue Dosierungsmethode gab, konsumierten die „Hexen" sie lieber über die Haut. Deshalb fetteten sie eine Stange mit einer Creme auf Tollkirschen-Basis ein und legten sie zwischen ihre Beine, wendeten die Creme also direkt auf der Vagina an – und wenn die Droge Wirkung zu zeigen begann, glaubten sie zu fliegen.

Die Tollkirsche, eine Pflanze, die im Laufe der Geschichte ebenso verteufelt wie vergöttert wurde, ist damit ein weiteres Beispiel dafür, dass der Unterschied zwischen Gift und Medizin vor allem in einem liegt: in der Dosierung.

31/01/2019

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