Delta-8-THC: Ein selteneres Cannabinoid mit großem medizinischem und freizeitlichem Wert

  • Delta-8-THC ist eine hochinteressanter Cannabis-Inhaltsstoff, das nicht nur beim medizinischen, sondern auch beim Genussmittelkonsum viele Vorteile bietet.
  • Die Stabilität und Effektivität dieses Cannabinoids zeigt, wie viel Kraft auch in den in der Pflanze weniger stark vertretenen Verbindungen schlummert.
  • Warum hat man bisher so wenig von dem Cannabinoid gehört? Und wie kann man es nutzen, um das Erlebnis des Marihuanakonsums zu verbessern?

Von den ungefähr 80 Cannabinoiden, die in der Marihuanapflanze enthalten sind, ist Delta-9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) – oder einfach THC – wohl das bekannteste. Es ist die Verbindung, die in der Pflanze in der höchsten Konzentration vorliegt, und (abgesehen von seinem „Gegenspieler" CBD) aufgrund seiner psychoaktiven Wirkung der absolute Star der Marihuana-Welt. Es ist jedoch nicht die einzige THC-Verbindung, die Cannabis enthält.

Denn wenn dieser Inhaltsstoff altert, oxidiert er zu einem Isomer, das als Delta-8-Tetrahydrocannabinol (Δ8-THC) bezeichnet wird. Die beiden Phytocannabinoide sind Analoga, da sie dieselbe chemische Strukturformel haben. Sie unterschieden sich lediglich in der Position einer Doppelbindung.

Der Namensteil „Delta" bezieht sich auf diese Doppelbindung; sowohl Delta-8- als auch Delta-9-Tetrahydrocannabinol weisen also Doppelbindungen auf, nur sitzt diese jeweils an anderer Stelle in der Kette – bei ersterem am achten Kohlenstoffatom, bei letzterem am neunten. Diese molekularen Unterschiede und Parallelen sind der Grund, warum Delta-8-THC ebenfalls bemerkenswerte therapeutische Vorteile zu bieten hat, aber dies bei einer weitaus weniger starken psychoaktiven Wirkung als sein „Bruder" Delta-9.

Wie bildet sich Delta-8-THC?

Wie im Fall der Hauptcannabinoide beginnt die Synthese von Delta-8-THC mit der sogenannten Cannabigerolsäure oder CBGA. Die saure Form des Cannabinoids CBG ist das Ursprungsmolekül, aus dem verschiedene Cannabinoide gebildet werden, und wird deshalb bisweilen auch als „Mutterzelle des Cannabis" bezeichnet. Im reifen Cannabis entwickelt sich aus diesen Mutterzellen-Molekülen THCA. Sind die geernteten Pflanzen Wärme oder UV-Licht ausgesetzt, so wird THCA decarboxyliert, d. h. es verliert ein Kohlenstoffdioxid-Molekül, und wird dadurch zu Delta-9-THC oder THC umgewandelt. Dann beginnt ein Alterungsprozess durch Oxidation, aus dem schließlich das Delta-8-THC hervorgeht.

Nachdem dieses weniger bekannte Cannabinoid durch Oxidation entsteht, ist es auch an der Luft stabil. Das macht es zu einer Verbindung mit hochinteressanten pharmazeutischen Anwendungen.

Ein großer Nachteil ist, dass Delta-8-THC in der Natur nur in minimalen Bruchteilen unter 1 % vorkommt, während Delta-9-THC es je nach Sorte sogar auf einen Gesamtanteil von 30 % bringen kann. Interessant ist es deshalb vor allem in raffinierter Form, als Konzentrat. Die Verbindung hat sich in mehreren Studien als sehr vielversprechend erwiesen, ist aber noch nicht breiter anerkannt und wird auch noch nicht häufig verwendet.

Welche Effekte hat Delta-8-THC?

Der Hauptvorteil des Cannabinoids ist seine geringere Potenz, durch die es auch weniger ausgeprägte psychoaktive Eigenschaften hat. Man hat beobachtet, dass Delta-8-THC in hoher Dosierung weniger Angstattacken verursacht als sein „Bruder"-Cannabinoid Delta-9-THC. Diese niedrigere Potenz und die Tatsache, dass es eine Menge medizinischer Vorteile hat, haben dazu geführt, dass es stärker wissenschaftlich erforscht wurde. Das Ergebnis dieser Studien? Delta-8-THC scheint größtenteils sehr ähnliche psychoaktive Effekte zu haben wie Delta-9-THC, gilt aber als zwischen 50 und 75 % weniger potent.

Es wird deshalb gern als optimisierte, nachhaltigere Version des traditionellen THCs beschrieben, die eine gemäßigte beruhigende körperliche Wirkung ohne viel geistige Stimulation ausübt – kurzum, einen diskreteren Effekt bietet, dank dem Konsumenten auch weiter arbeiten und sich konzentrieren können, ohne das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren, und dennoch jene Ruhe verspüren können, die die meisten von THC erwarten.

Delta-8-THC verursacht tendenziell deutlich weniger Angstattacken als sein Geschwister-Cannabinoid.

Delta-8-THC sorgt also für ein klares High ohne jederlei Angstattacken oder Verwirrung, bei dem man sich im Einklang mit sich selbst und viel weniger verändert fühlt als beim Delta-9-THC, aber trotzdem eine erweiterte, intensivere oder geschärfte Sinneswahrnehmung beobachtet. Das macht es zu einem tollen Begleiter für Aktivitäten an der frischen Luft, z. B. Wandern oder Radfahren.

Wichtige medizinische Vorteile

Nach dem nationalen amerikanischen Krebsinstitut lässt sich Delta-8-THC als Analogum von Tetrahydrocannabinol (THC) mit antiemetischen (= hemmt Übelkeit und Erbrechen), angstlösenden, appetitanregenden, schmerzlindernden und neuroprotektiven (= bekämpft das Altern der Nervenzellen) Eigenschaften definieren. Delta-8-THC bindet an die CB1- und CB2-Rezeptoren, die sich im zentralen Nervensystem befinden, wirkt dabei aber wesentlich weniger stark psychotrop als die bekanntere, im frischen Cannabis enthaltene THC-Form.

Eine der häufigsten Anwendungen von Delta-8-THC ist als Antiemetikum (zur Linderung von Übelkeit) und Appetitanreger; in den USA gibt sogar bereits erste Patente über seine Verwendung hierfür. Besonders nützlich ist das Cannabinoid dabei für Patienten in der Krebsbehandlung, die häufig mit Übelkeit zu kämpfen haben. Zudem erwies es sich als sehr gut für Kinder geeignet.

Angesichts der geringeren Psychoaktivität der zweiten THC-Form führte Dr. Raphael Mechoulam 1995 gemeinsam mit dem Krankenhaus Shaare Zedek und der Hebräischen Universität von Jerusalem eine Studie durch, bei der acht an Blutkrebs erkrankten Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren Delta-8-THC verabreicht wurde.

Die Kinder hatten sich acht Monate lang in Chemotherapie befunden, bevor sie mit Delta-8-THC behandelt wurden. Durch die neue Behandlung schwanden ihre Brechanfälle vollkommen; Nebenwirkungen gab es keine nennenswerten. Außerdem entdeckten die israelischen Forscher, dass sie den Kindern hohe Dosen Delta-8-THC verabreichen konnten, um den besagten antiemetischen Effekt maximal auszureizen, ohne sie den Nachteilen der Psychoaktivität von Delta-9-THC auszusetzen. Während die Erwachsenen meist noch eine geringfügige psychoaktive Wirkung verspürten, schienen die Kinder dabei interessanterweise „immun".

Wie wird dieses Cannabinoid extrahiert und konsumiert?

Delta-8-THC kommt hauptsächlich in der trockenen Cannabisblüte vor, allerdings nur in sehr geringen Mengen, – meistens weniger als 1 % – sodass man es mit traditionellen Methoden wie Rauchen oder Verdampfen kaum nutzen kann. Es gibt keine besonders Delta-8-THC-haltigen Sorten, da das Cannabinoid in der Natur nur in sehr geringen Anteilen in der Pflanze produziert wird. Um nennenswerte Mengen von dem Cannabinoid zu gewinnen ist ein spezielles Extraktions-, Isolations-, Umwandlungs- und Raffinierverfahren notwendig.

In Kalifornien und in anderen westlichen Staaten sind Delta-8-THC-Produkte immer leichter erhältlich, zum Beispiel in Form von Extrakten, die für Vaporizer genutzt werden. Ansonsten gibt es sie auch als sublinguale Tropfen, die unter der Zunge absorbiert werden. Falls euch jedoch einmal Edibles mit diesem Inhaltsstoff unterkommen sollten, so lasst bitte die Finger davon, da das Delta-8-THC in Delta-11-THC umgewandelt wird, wenn es durch den Verdauungstrakt kommt. Delta-8-THC zu essen hat also keine nennenswerten oder speziellen Vorteile.

 

11/09/2019

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