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Biologische Prävention gegen den Spinnmilbenbefall

  • Der Befall durch Gemeine Spinnmilben oder Bohnenspinnmilben (Tetranychus urticae) gehört zu den am häufigsten auftretenden Problemen beim Hanfanbau, besonders bei heißem, trockenem Klima.
  • Diese Milben lassen sich unsere Lieblingspflanze ganz besonders gerne schmecken und können ganze Kulturen zerstören, wenn sie nicht möglichst schnell und effizient entdeckt und beseitigt werden.
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Der Markt bietet zwar viele chemische Akarizide an, zu ihrer Verwendung wird jedoch selten geraten: Einerseits, weil sie in mal stärkerem, mal schwächerem Maß giftig für die Pflanzen, den Menschen und die Umwelt sind, und andererseits, weil die Gemeinen Spinnmilben schnell Resistenzen gegen diese Art von Molekülen entwickeln und die Produkte somit wirkungslos werden.

Glücklicherweise gibt es auch mehrere natürliche Lösungen zur Kontrolle dieser Milben mittels Fressfeinden oder verschiedenen Produkten, die wir euch in diesem Artikel vorstellen.

Phytoseiulus persimilis, natürlicher Feind der Gemeinen Spinnmilbe

Ein Weg der biologischen Bekämpfung besteht im Einsatz von Insekten oder Milben, die natürliche Fressfeinde der Gemeinen Spinnmilben sind, sprich, diese jagen und fressen. Phytoseiulus persimilis zählt zweifelsfrei zu den wirksamsten unter ihnen: Die Larven und die ausgewachsenen Milbentiere stellen ihrer Lieblingsbeute unaufhörlich nach und fangen sie mühelos, da sie viel beweglicher sind. Dann saugen sie ihre gesamte Körperflüssigkeit ein (Guten Appetit!) und lassen nur ein trockenes Gehäuse übrig, das als kleiner schwarzer Punkt auf der Blattoberfläche zurückbleibt.

Ein kurzer Geschichtsabriss: Phytoseiulus persimilis wurde 1958 versehentlich nach Deutschland eingeführt, versteckt in einer Lieferung Orchideen aus Chile. Forschungsarbeiten über die Milbe zeigten schnell ihre Wirksamkeit gegen die Gemeine Spinnmilbe. Die erwachsene P. persimilis ist leuchtend rot, wogegen die Spinnmilben, obwohl mancherorts auch als rote Spinne bezeichnet, eher gelb oder braun sind.

Die Nymphen dieser Raubmilben ernähren sich von den Nymphen, Larven und Eiern der Bohnenspinnmilbe. Ein erwachsenes Tier allein hingegen kann bis zu 7 erwachsene Bohnenspinnmilben oder um die 20 Larven und Eier pro Tag verschlingen.

Die „Dosierung" der Raubmilben sollte daher dem Grad des Befalls angepasst werden:

 

  • Vorbeugung (kein Hinweis auf Gemeine Spinnmilben): alle 14 Tage 2 Tiere pro Pflanze
  • Leichte Behandlung (erste Anzeichnen von Gemeinen Spinnmilben): alle 7 Tage 5-10 Tiere pro Pflanze
  • Intensive Behandlung (starker Spinnmilbenbefall): alle 7 Tage 20-50 Tiere pro Pflanze

Der Lebenszyklus der Raubmilbe P. persimilis ist zweimal schneller als der ihrer Beute, weshalb ihre Population sehr viel schneller wächst und die Behandlung mit der Zeit immer effizienter wird. Die Eier werden nahe der Spinnmilbenkolonien abgelegt, um den Nymphen die Nahrungssuche zu erleichtern. Wenn alle Gemeinen Spinnmilben einer Kolonie beseitigt sind, verteilen sich die erwachsenen Tiere auf der Suche nach neuer Beute auf die anderen Pflanzen. Damit ihnen das leichter fällt, sollten eure Pflanzen sich berühren.

Im Gegensatz zu einer „Schockbehandlung" stellt die biologische Bekämpfung also ein gutes Mittel da, um die schädlichen Milben auf Dauer, effizient und ganz natürlich in den Griff zu bekommen, und das ohne jede Gefahr für euch oder eure Hanfpflanzen.

Damit die Behandlung mittels Phytoseiulus persimilis wirklich effizient ist, müssen allerdings einige Grundbedingungen in eurer Kultur vorliegen:

  • Die Milbe ist empfindlich gegen Trockenheit, es sollte daher eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 60 %, idealerweise sogar 75 % in eurer Grow-Umgebung herrschen. Benutzt einen Luftbefeuchter, wenn nötig, seid jedoch vorsichtig, dass sich vor allem in den letzten Blütewochen kein Schimmel bildet.
  • Auch gegen Temperaturen über 30 ºC ist die Milbe empfindlich; perfekt sind 20-26 ºC, was just mit den idealen Bedingungen fürs Indoor Growing von Cannabis zusammenfällt.
  • Phytoseiulus persimilis kann nur wenige Tage überleben, wenn sie keine Spinnmilben mehr findet, ihr solltet die Tiere daher lieber regelmäßig neu in eurer Kultur aussetzen.

Amblyseius californicus und weitere hilfreiche natürliche Feinde der Gemeinen Spinnmilbe

Obwohl Milben vom Typus Phytoseiulus persimilis oft die beste Wahl zur Beseitigung der Bohnenspinnmilbe darstellen, sind sie keineswegs die einzigen Nützlinge, die uns für deren biologische Bekämpfung zur Verfügung stehen.

Milben der Art Amblyseius Californicus, auch bekannt als Neoseiulus Californicus, sind ebenfalls sehr wirksam gegen Gemeine Spinnmilben. Natürlicherweise kommen sie Mittelmeerraum sowie in Amerika vor. Die erwachsenen Tiere sind rund, weißlich bis gelb-orange und besonders dann hilfreich, wenn nicht die idealen Bedingungen für Phytoseiulus persimilis vorliegen:

  • Sie können länger ohne Gemeine Spinnmilben überleben, da sie sich auch von Insekten wie etwa Thripsen oder Pollen oder im schlimmsten Fall sogar per Kannibalismus ernähren.
  • Sie entwickeln sich bei hohen Temperaturen schneller und bleiben auch über 30 ºC aktiv.
  • Auch trockenere Umgebungsbedingungen setzen ihnen weniger zu.

Bei starkem Spinnmilbenbefall könnt ihr Amblyseius Californicus also zusätzlich zu Phytoseiulus persimilis einsetzen, um ein noch effizienteres Ergebnis zu erhalten. Entscheidet euch zur Vorbeugung oder bei schwachem Befall jedoch je nach euren Klima- bzw. Umgebungsbedingungen besser für eine der beiden Raubmilben, da sich A. Californicus bei Spinnmilbenmangel auch über die P. Persimilis hermacht.

Und noch eins solltet ihr berücksichtigen: Nachdem die A. Californicus-Milben weniger beweglich sind als P. Persimilis, müssen sie etwa 10fach höher „dosiert" eingesetzt werden, d. h. zwischen 20 und 500 Tiere pro Pflanze je nach deren Größe und dem Grad des Befalls.

Eine weitere wirksame Raubmilbe im Kampf gegen die Gemeine Spinnmilbe ist Amblyseius Fallacis: Sie stammt aus den Obstplantagen Nordamerikas und sieht ähnlich aus wie A. Californicus, besitzt aber den Vorteil, bei niedrigeren Temperaturen als P. Persimilis und A. Californicus noch aktiv zu bleiben und sich zu vermehren. Damit ist sie bei kühlen Klimabedingungen eine gute Option zur biologischen Spinnmilbenbekämpfung.

Nicht alle Fressfeinde, die gegen Gemeine Spinnmilben eingesetzt werden können, sind jedoch Milben. Auch zu nennen sind etwa:

  • Die Gallmückenart Feltiella Acarisuga, die ihre Eier auf den befallenen Blättern ablegt, damit ihre Larven sich von den Milben in all deren Lebensstadien ernähren (Eier, Larven, Nymphen, erwachsene Tiere).
  • Der Schwarze Kugelmarienkäfer Stethorus punctillum, dessen Larven und erwachsene Tiere sich hauptsächlich von Gemeinen Spinnmilben ernähren. Der Vorteil dieses Fressfeinds ist, dass er fliegen und damit die Kolonien aufspüren sowie seine Eier direkt in deren Mitte legen kann.
  • Auch die äußerst gefräßigen Larven der Grünen Florfliege (Chrysoperla carnea) können sich von Gemeinen Spinnmilben ernähren, obwohl diese nicht zu ihrer Lieblingsbeute zählen.

 

Welche natürlichen Feinde der Spinnmilbe ihr auch wählt, hier sind einige Tipps für ihren Einsatz, die die Erfolgschancen der Behandlung erhöhen:

 

  • Ihr solltet diese kleinen „Raubtiere" sofort benutzen, wenn ihr sie erhalten habt, da ihr Lebenszyklus besonders bei heißen Temperaturen kurz ist.
  • Bevor ihr die Flaschen oder Packungen mit den Fressfeinden öffnet, solltet ihr sie in eure Grow-Umgebung stellen, damit die Temperatur sich angleichen kann und es nicht zu thermischen Schocks kommt.
  • Handelt es sich um kleine Flaschen, so schwenkt und schüttelt sie sanft, um die Nützlinge auch gut auf ihrer Unterlage (Sägemehl, Vermiculit…) zu verteilen, gebt den Inhalt dann in kleinen Mengen auf die Blätter, nahe der Spinnmilben-Populationen. Lasst die leeren Flaschen noch einige Zeit bei eurer Kultur stehen.
  • Wenn die Nützlinge in Tütchen geliefert werden, dann öffnet diese einfach und hängt sie nahe der Bohnenspinnmilbenkolonien mitten in die Blätter hinein.
  • Sprüht ihr Wasser auf die Pflanzen, so hilft das den Nützlingen, sich auf der Pflanze einzurichten, schadet aber den Gemeinen Spinnmilben.
  • Beschneidet die am stärksten befallenen Pflanzenteile, um die Milbenpopulation zu begrenzen: Je geringer und schwächer die Schädlingspopulation, desto wirksamer und schneller ist die Behandlung.

Und noch eine letzte Anmerkung: Benutzt keinerlei Pestizid (Insektizid, Akarizid, Fungizid, …) vor, während und nach dem Aussetzen eurer Nützlinge. Wenn ihr solche Produkte zuvor verwendet habt, müsst ihr je nach der Lebensdauer des Produkts und der Giftigkeit seiner Wirkstoffe für die Fressfeinde, die ihr einsetzen wollt, zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen warten. Informationen dazu erhaltet ihr beim Hersteller.

Vorbeugende Mittel gegen Gemeine Spinnmilben in Hanfkulturen

Es gibt auch zahlreiche Produkte zur natürlichen Bekämpfung der Gemeinen Spinnmilben, vor allem zur Vorbeugung. Wie soeben erläutert, müsst ihr euch jedoch zwischen dem Einsatz von Nützlingen wie den Raubmilben und den verschiedenen Akariziden entscheiden, die wir euch jetzt vorstellen, denn natürlich wirken diese ebenso gegen die „guten" wie gegen die „schlechten" Milben.

Unserer Erfahrung nach sind dies die wirksamsten Produkte zur Vermeidung von Gemeinen Spinnmilben in Hanfkulturen:

  • Zimtextrakt, wie etwa im Cinnaprot von EcoProtect enthalten, ist wirksam gegen die erwachsenen Spinnmilben, nicht aber die Eier.
  • Kaliseife wiederum ist sehr wirksam, um die Milbeneier zu ersticken, und damit eine gute Ergänzung zur Behandlung mit Zimt.
  • Schachtelhalmsud, Brennesseljauche und Knoblauchextrakt sind ebenfalls nützlich im Kampf gegen Gemeine Spinnmilben, zur Vorbeugung oder bei schwachem Befall.
  • Spider Plant von Agrobacterias stimuliert, ebenso wie das inzwischen berühmte Super Kukulus, die Immunabwehr der Hanfpflanzen, sodass diese sich besser vor Milbenbefall schützen können.
  • Niemöl, gewonnen aus dem Niembaum (Azadirachta indica), und das aus Chrysanthemen gewonnene Pyrethrum nützen ebenfalls bis zu einem gewissen Grad gegen Gemeine Spinnmilben, sind allerdings bei starkem Befall meist nicht sehr wirksam.
  • Das Akarizid SpiderMite Control ist speziell für die Beseitigung der Gemeinen Spinnmilben entwickelt worden, muss aber dennoch mit Vorsicht eingesetzt werden, denn seine Rezeptur auf Ölbasis könnte die zarten jungen Blätter ersticken.

In jedem Fall ist es wichtig, die verschiedenen Produkte abwechselnd einzusetzen, um die Spinnmilben mit mehreren Mitteln in die Flucht zu schlagen und das Risiko zu begrenzen, dass sie Resistenzen entwickeln, was bei Verwendung eines einzigen Produkts leicht passiert.

Zum Schluss möchten wir euch nochmal darauf hinweisen, dass auch die Kontrolle einiger wichtiger Faktoren zur Vorbeugung gegen Gemeine Spinnmilben und Begrenzung der Befallsgefahr hilft. Versucht so, weder in zu warmen noch zu trockenen Bedingungen anzubauen; Gemeine Spinnmilben hassen Feuchtigkeit. In der Wachstums- und Stretch-Phase könnt ihr eure Pflanzen auch täglich mit Wasser besprühen.

Auch gute hygienische Bedingungen in euren Kulturen ersparen euch viele Probleme: Gemeine Spinnmilben kommen nie von selbst in euren Hanfanbau, und im Fall von Indoor-Kulturen hat sich meist sogar der Grower selbst die Milben irgendwie in seine Kultur geholt. Der Austausch von Stecklingen oder Pflanzen zwischen Growern etwa ist ein ganz wunderbarer Weg, auch Gemeine Spinnmilben auszutauschen.

Und ganz zum Schluss möchten wir euch natürlich auch wie immer nahelegen, dass ihre eure Pflanzen so regelmäßig wie möglich beobachtet, um schnellstmöglich auf die ersten Anzeichen für Gemeine Spinnmilben reagieren zu können, charakteristische kleine helle Punkte auf der Blattoberfläche.

Und da ihr jetzt wisst, wie ihr den Gemeinen Spinnmilben aus dem Weg gehen könnt, wünschen wir euch wunderschöne Hanfkulturen!

Hauptquellen für diesen Artikel:

20/07/2017

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